Bericht Februarsession 2020

Bericht aus dem Kantonsrat

Diesmal fehlte ich wegen Ferienabwesenheit sowohl an der Sitzung des Fraktionsvorstands wie auch an der Fraktionssitzung, bei der es i.R. der Behandlung des Energiegesetzes zu intensiven Diskussionen kam und die Fraktion den Beschlüssen der voKo nicht nachfolgte. Dazu später mehr.

Sessionstag 17.2.2020

Bereits um 0900 Uhr traf sich der Fraktionsvorstand zur Vorbereitung der nachfolgenden Fraktionssitzung. Dabei werden jeweils letzte Pendenzen besprochen, strategische Überlegungen angedacht und die Beantwortung der verschiedenen Vorstössen den einzelnen Fraktionsmitgliedern übertragen. Auch werden die Mitglieder der verschiedenen voKo diskutiert und zum Entscheid der Fraktion dann vorgelegt. Um 1015 Uhr folgte die Fraktionssitzung, bei der u.a. Ersatzwahlen in die Staatswirtschaftliche Kommission (Martin Stöckling, Andreas Widmer) und in die Fionanzkommission (Raphael Frei) festgelegt wurden.

Wie üblich werden die Kantonsratsmitglieder von der Gastro St.Gallen einmal pro Jahr zu einem Stehlunch eingeladen, diesmal mit einem Referat des Bauernpräsidenten Ritter, dem die zur Abstimmung kommenden Initiativen ordentlich Bauchweh machen. Erstmals hat man den Eindruck dass die Bauernschaft etwas vom hohen Anspruchsross herabsteigen muss.

Um 14.15 Uhr begann die Session. Für uns startete der Tag mehr als nur erfreulich, wurde doch mit Benedikt van Spyk erstmals seit der Gründung des Kantons nicht ein CVP-Mitglied, sondern nun ein FDP Mitglied zum Staatssekretär mit glänzenden 107 von 118 Stimmen gewählt! Freude herrscht!! Ich gehe eine Wette ein: das wird nicht der letzte Karrierensprung dieses fachlich ausgezeichneten Juristen sein.

Es folgten dann vier 2. Lesungen ohne weitere Diskussion.

Wie jedes Jahr erfolgt die Genehmigung des Aufgaben- und Finanzplans AFP (190 Seiten starker Bericht) der nachfolgenden drei Jahre (diesmal 2021-2023). Mit diesem Instrument sorgt man vor unliebsamen finanziellen Überraschungen vor. Weiter lagen in einem 77-seitigen Bericht Aussagen der Regierung zur langfristigen Finanzperspektive vor. In den Jahren 2021 bis 2023 rechnet man mit den erwarteten negativen Ergebnissen zwischen 159 und 167 Mio. pro Jahr. Ausschlaggebend für diese negativen Ergebnisse sind dazu der XV. Nachtrag des Steuergesetzes und Umsetzung des STAF (Steuerreform und AHV-Finanzierung) und die St.Galler Spitäler (Finanzbedarf), so dass Bezüge aus dem freien Eigenkapital und aus dem besonderen Eigenkapital notwendig sein werden. Stark ins Gewicht fallen beim Aufwand das Wachstum der Staatsbeiträge (IPV, EL; Hospitalisationen, Uni- und Hochschulbeiträge), ein erhöhter Abschreibungsbedarf infolge sehr vieler (zu viele?) bewilligter Hochbauchvorlagen. Bei einer jährlichen Aufwandsteigerung von 1,5% steigt die Staatsquote nicht weiter an bei einem erwarteten BIP von ca 1,5%. Die Debatte verlief wieder wie jedes Jahr an den bekannten Trennlinien zwischen „der Staat spart sich zu Tode“ und „es wird immer noch mit der grossen Kelle ausgegeben“. Regierungsrat Würth hielt in seinem letzten Votum zu einem AFP unter anderem fest, dass Finanzausfälle durch nicht gesicherte Kredite (aktuell 544 Mio.!!) bei den Spitalverbunden drohen, die den Kanton in seinen Grundfesten treffen werde, sollte die Umsetzung der Spitalstrategie scheitern. Hoffentlich haben  einige diesbezüglich renitente CVP-Kantonsratsmitglieder auch zugehört. Zweifel sind sehr angebracht. Als erstaunlich wurde allgemein angesehen, wie zahm und kraftlos die FiKo diesen AFP behandelt hat. Es erfolgten keinerlei kritische Einwände oder gar Korrekturen. Zusammen mit der SVP-Fraktion stellten wir einen Antrag, dass für das Budget 2021 der Steuerfuss auf 110% festzusetzen sei und weitere tarifarische Steuererleichterungen geprüft werden sollen. Nun erfolgte eine Riesenlamento seitens der SP, der CVP (mit Abweichlern) und von RR Würth, der nicht nur schwarz malte. Aber man munkelt, dass der Abschluss 2020 viel besser ausfallen werde und von der SNB viel Geld zu erwarten sei. Unsere gemeinsame Mehrheit (auch noch in der nächsten Amtsperiode? Zweifel sind angebracht.) spielte, denn der Antrag wurde mit 64 gegen 50 Stimmen bei 1 Enthaltung zugestimmt. Wieso die Mehrheit der CVP keine Steuerreduktion will, zeigt doch auf, wie diese Partei immer mehr links abdriftet und weit weg von einer bürgerlichen Partei ist. Sie beschwört die Mitte. Sie müsste diesbezüglich aber dringend Aristoteles zu Gemüte führen, der genau beschrieben hat, was die Mitte ist. Natürlich beantragte die SP-GRÜ Fraktion traditionell eine Erhöhung des Personalbudgets. Sie vertritt nicht mehr die Arbeiterschaft, sondern zunehmend die gut verdienenden Verwaltungs- und Kantonsangestellten incl. die Lehrerschaft. Nicht umsonst ist die Parteifarbe dort sehr rot. Nach langer Diskussion (man fragt sich immer wieso, denn das Abstimmungsresultat ist sowieso klar) wurde mit 88 gegen 25 Stimmen dieses Ansinnen abgelehnt. Der Kantonsrat hatte früher festgelegt, dass der Regierung jedes Jahr 0,8% mehr Lohnsumme zur Verfügung steht für individuelle und allgemeine Lohnanpassungen. Das muss nun einfach genügen.

Anschliessend erfolgte die Behandlung verschiedener Vorstösse aus dem Zuständigkeitsbereich des Finanzdepartements.

Um 18 Uhr wurde der erste Sessionstag abgeschlossen.

Sessionstag 19.2.2020

Zu Beginn wurden zwei dringliche Vorstösse zum Thema der St.Galler Spitäler eingereicht. Einerseits ging es um eine Motion, die den Leistungsabbau in den Regionen stoppen will bis zum demokratischen Beschluss. Dem Spitalverwaltungsrat wurden massive Vorwürfe gemacht von links und rechts. Zusammen mit der CVP hielten wir dagegen. Der Spitalverwaltungsrat mache seine Aufgabe, nichts weiter. Die unheilige Allianz gewann, die Motion wurde mit 68 gegen 46 Stimmen überwiesen. Unsere Interpellation „Spitalfinanzen: Es ist fünf nach zwölf“  zogen wir dann zurück, um nicht weitere unergiebige Diskussionen führen zu müssen mit immer denselben Aussagen seitens der Nichteinsichtigen.

Ein Nachtrag zum Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz) wurde mittels späterer Motion an die Regierung zurückgewiesen. Es geht dabei um die Frage, wie das Öffentlichkeitsgesetz für den Parlamentsbetrieb resp. die Verwaltung geregelt werden soll.

Das nächste Geschäft (1. Lesung) mit dem XIX. Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrats und dem VII. Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss über die Entschädigung der Mitglieder des Kantonsrats und der Fraktionen des Kantonsrates war sicher speziell, indem sich der Kantonstrat selber seine Entschädigungen erhöhte (Taggeld von Fr. 250.- auf 400.-, Reduktion Taggeld für Sitzungen unter zwei Stunden von 250.- auf 200.-, jährliche Grundentschädigung von Fr. 2000.-) und die Entschädigung pro Fraktionsmitglied von Fr. 2400.- auf Fr. 3000.- (bei der FDP wird dieses Geld dem Parteisekretariat zur Verfügung gestellt). Ausser einigen wenigen SVP-Exponenten (die Oberpopulisten, u.a. GPR Thoma Andwil) machten daraus eine fast ethische Debatte und wollten das Ratsreferendum (dazu sind 40 Stimmen notwendig), was deutlich (auch von der Mehrheit der SVP) abgelehnt wurde. Das fakultative Finanzreferendum kann für die Fr. 860‘000.- pro Jahr ergriffen werden, was kaum geschehen wird. Die Entschädigungen sind meines Erachtens immer noch sehr bescheiden, v.a. für die selbständig Erwerbenden.

Die weiteren Geschäfte (Berichterstattung Bodensee-Konferenz, Berichterstattung Interkantonale Legislativkonferenz, Strategie Aussenbeziehungen) warfen keine grossen Wellen. Beim Kommentar zur Strategie Aussenbeziehungen wurde die oft zu zögerliche Haltung der Regierung bemängelt. Man wünschte sich mehr Initiative.

Hitzig wurde es bei der Behandlung des VI. Nachtrags zum Energiegesetz. Der Art. 12 e „Erneuerbare Wärme beim Wärmeerzeugerersatz in bestehenden Bauten mit Wohnnutzen“ wurde zum Schicksalsartikel dieser Revision. Bei dieser Frage geht es um den Ersatz von fossilen Heizungen durch Heizungen mit erneuerbarer Energie. Mit verschiedenen Teilmodulen soll der Umbau weg von fossilen Systemen und Elektroheizungen der CO2-Ausstoss vermindert und Energie gespart werden. Beim Ersatz von fossilen Heizungen wurde insbesondere die Tragbarkeit der Kosten intensiv diskutiert. Eine Härtefallklausel soll die Details regeln. Es lagen diverse Formulierungen vor. Wegen fehlender Einigung beschloss der Kantonsrat, diesen Artikel 12e nochmals an die Kommission zurückzuweisen und eine breit abgestimmte Formulierung vorzuschlagen. Das führte seitens der SP und CVP zu heftigen Reaktionen, aber mit 57 gegen 54 gelang die Rückweisung und beendete eine nicht endendwollende Diskussion. Zwei weitere Artikel müssen in der voKo auch nochmals behandelt und angepasst werden. Leider werden die Diskussionen um Fragen rund um das Klima zu einer Glaubensfrage hochstilisiert und der bald bevorstehende Weltuntergang in farbigen Voten geschildert. Niemand verkennt die Problematik. Aber man muss mit Vernunft und Tragbarkeit solche Revisionen angehen. In zwei Kantonen wurde eine Revision des Energiegesetzes bachab geschickt, weil man es in den Formulierungen und Vorschriften übertrieben hatte. Ich bin sicher, dass bei der 2. Lesung die Verabschiedung gelingen wird. Regierungsrat Marc Mächler meisterte auch diese Debatte ruhig, sachlich und sehr sicher.

Dann erfolgte der XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz. Dieses Gesetz wurde anlässlich der ersten Lesung an die voKo zurückgewiesen mit dem Auftrag, den Art. 50quater nochmals besser zu formulieren. Bei diesem Artikel geht es um die Frage der Verhinderung von Veranstaltungen, die nicht mit der demokratischen und staatlichen Grundordnung vereinbar sind, welche durch die Polizei verboten werden können.  Die Neuformulierung fand die Zustimmung der klaren Mehrheit und die ellenlange Diskussion anlässlich der ersten Lesung fand nun ein ruhiges Ende. Rückweisungen einzelner Artikel sind immer wieder ein sehr gutes Mittel, weiter zu kommen, statt stundenlang an Formulierungen sich zu zerreiben.

Sessionstag 19.2.2020

Es erfolgten 2. Lesungen von Geschäften, die in dieser Session in erster Lesung behandelt wurden. Sind sie unbestritten, so kann der Kantonsrat eine erste und zweite Lesung in derselben Session beschliessen.

Der IX. Nachtrag zum Ergänzungsleistungsesetz will die Entschädigung für die Betreuung zu Hause von älteren Menschen i.R. von betreutem Wohnen verbessern und damit Eintritt in Pflegeheime reduzieren. Dieser Grundsatz war unbestritten.

Dann erfolgte mit der Behandlung des Kantonsratsbeschlusses über die Genehmigung der Kulturförderstrategie 2020 bis 2027 quasi das Vermächtnis von Regierungsrat Klöti. Auf dem 50-seitigen Bericht findet man eine sehr gute Übersicht dazu mit vielen interessanten Informationen. Diskussionen gab es um den Antrag, das Klanghaus Toggenburg als kantonalen Kulturstandort festzulegen. Das hätte zur Folge, dass der Kanton eventuell wieder finanzielle Leistungen übernehmen müsste. Das wäre gegen Treu und Glauben gewesen, denn man hatte anlässlich der Volksabstimmung klar festgehalten, dass der Kanton ausschliesslich für den Bau des Klanghauses die Kosten übernehmen wird, jedoch keinerlei Beiträge an den Betrieb leisten wird. Gibt man den kleinen Finger, dann ….. Der Antrag wurde klar angelehnt.

Beim Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz ging es um die Umsetzung vom alten Regime zum neuen PBG. Es benötigte einige Klarstellungen, damit die Gemeinden nicht völlig blockiert bleibe in  der Bauentwicklung, bis die neuen Ortsplanungen definitiv durch den Kanton genehmigt worden sind, was dauern kann.

Eine Motion der SP-GRÜ „Flächendeckende Betreuungsangebote für Kinder im Volksschulalter“ wurde nach langer Diskussion mit geändertem Wortlaut im Einverständnis der Regierung mit 79 gegen 33 Stimmen überwiesen. Eine etwas abgeschwächte Formulierung durch KR Wasserfallen wurde mit 50 gegen 63 Stimmen abgelehnt. Nun muss das Volksschulgesetz entsprechend angepasst werden. Jede Gemeinde soll verpflichtet werden, selber oder zusammen mit anderen Gemeinden entsprechende Angebote bei Bedarf vorzubereiten. Man kommt bei diesen Anliegen natürlich an die Grenze unserer liberalen Grundsätze: wie weit soll der Staat weitere Funktionen und Aufgaben zu übernehmen haben. Das Ziel, Frauen im Beruf halten oder wieder einbinden zu können, steht und fällt mit der Kinderbetreuung. Die FDP setzt sich sehr dafür ein und muss nach dem A nun auch B sagen.

Klar abgelehnt wurde eine Motion der SP, Medien seitens des Kantons finanziell zu unterstützen.

Eine Diskussion ergab sich zur Motion Böhi „Klosterplatz schützten anstatt zu kommerzialisieren“. Stossend für die Motionäre ist die fast dreimonatige Belegung des Klosterplatzes für die St.Galler Festspiele. Auch ich bin der Meinung, dass die Dauer der Veranstaltung sehr lange ist. Aktuell laufen wieder die Genehmigungsabklärungen für die Fortsetzung der Festspiele. Die Regierung hat die berechtigte Kritik sicher gehört. Mit 45 gegen 62 Stimmen wurde die Motion abgelehnt.

Als Anschluss vor den Schlussabstimmungen erfolgte noch die Behandlung der dringenden Motion „Leistungsabbau in den Regionen bis zum demokratischen Beschluss stoppen“. Die Regierung versprach, dafür zu sorgen dass mindestens bis zum Sommer 2020 nun keine weiteren wesentlichen Entscheide durch den Verwaltungsrat gefällt werden sollen. Es kam zum bekannten Schlagabtausch, der nichts Gutes für die eigentliche Debatte zu den zukünftigen Spitalstrukturen erahnen lässt. Die Motion wurde dann nach langen Diskussionen zurückgezogen.

Schlussabstimmungen

 

XII. Nachtrag zum Polizeigesetz 88:2:12
Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über Geldspiele 88:1:14
Beitritt Geldspielkonkordat 102:0:0
Interkantonale Vereinbarung betr. Durchführung von Geldspielen 102:0:0
XIX. Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrats 101:0:0
VII. Nachtrag Entschädigung der Mitglieder und Fraktionen des Kantonsrats 101:0:1
Beitritt zur Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen 101:0:0

Sehr lange und strapaziöse drei Sessionstage gingen damit zu Ende. In kleiner Runde liessen wir die Session ausklingen, die für die FDP einen guten Verlauf genommen hat.